Donnerstag, 24. November 2016

Jungs, hier kommt der Masterplan!

Leider nicht allzu häufig, aber ab und zu überkommt sie mich doch: Die Lust, über Werder zu bloggen. Und das jetzt - nach vier Bundesliganiederlagen in Folge. Das Nordderby lässt einen jahrelangen Werder-Fan zwar nur selten kalt, aber ich glaube, es hat einen anderen Grund, warum ich endlich mal wieder in die Tasten haue.

Dieser Grund liegt beim Werder-Team. Denn erstmals seit Saisonbeginn steht am Samstag wohl die komplette Mannschaft zur Verfügung. Klar, zwei Ausfälle gibt es mit Caldirola und Eilers noch immer, aber diese sind wohl nicht als unanfechtbare Stammspieler anzusehen. Und bei Salif Sané und Jaroslaw Drobny käme ein Einsatz vielleicht etwas früh, aber die Hoffnung ist nicht unbegründet, dass beide gegen den HSV auf dem Platz stehen könnten. Und so kann Alexander Nouri gegen den HSV personell fast aus dem Vollen schöpfen. Nun kann er zeigen, welche Idee er mit diesem Kader verfolgt und wem er das Vertrauen schenkt. Der eine oder andere Spieler kann zwar nach langer Ausfallzeit noch nicht bei voller Fitness sein, aber dies war schon am vergangenen Wochenende kein Hindernis, Max Kruse und Claudio Pizarro in die Startelf zu stellen.

Stabil in den Winter

Mit dem HSV-Spiel sind es noch fünf Spiele bis zur Winterpause und 15 Punkte sind noch zu holen. Die ersten beiden Spiele gegen Hamburg und Ingolstadt werden tabellarisch und emotional von besonders großer Bedeutung sein und zwei Niederlagen würden wohl eine Weltuntergangsstimmung in Bremen heraufbeschwören wie wir sie zuletzt nach der Heimniederlage gegen Augsburg in der Rückrunde der letzten Saison oder dem Gladbachspiel in dieser Saison hatten.

Mein Vorschlag für einen Plan, wie man diese nun anstehenden fünf Spiele angehen sollte, lässt sich auf ein Wort reduzieren: Stabilität. Schluss mit personellen Experimenten und vor allem mit wechselnden Taktiken. Wir sollten uns jetzt bis Weihnachten auf eine funktionierende Grundformation festlegen und jeden Spieler genau dort einsetzen, wo er seine Stärken am besten in die Mannschaft einbringen kann. Als Formation kommt dabei aus meiner Sicht nur das klassische 4-2-3-1 (ggf. abgewandelt zu dem gegen Frankfurt praktizierten 4-4-2) in Frage, in dem wir unsere stärksten Spieler allesamt unterbringen können. Weitere taktische Versuche bitte erst wieder ab dem nächsten Jahr, wenn man dafür zuvor in der Winterpause die Grundlagen schaffen konnte.

Konkurrenzkampf annehmen und schüren

Wir haben ein Team, das über vier Flügelspieler verfügt, von denen einer der Shootingstar der Saison und absolut gesetzt ist. Serge Gnabry hat bei seinen starken Spielen für Werder, aber auch für die deutsche Olympiaauswahl, bewiesen, dass er über den linken Flügel seine Stärken optimal für die Mannschaft einbringen kann. Ihn auf rechts zu bringen, beraubt ihn und dem Team unverzichtbarer Möglichkeiten, wie seinem Abschluss mit dem starken rechten Fuß. Izet Hajrovics Stärken sind dem - auf niedrigerem Niveau - durchaus ähnlich. Für mich stellt er derzeit unsere beste Alternative für den rechten Flügel dar und ich verstehe nicht, wieso er zuletzt so wenig Berücksichtigung fand.

Ein Erklärungsansatz dafür könnte sein, dass Alexander Nouri nicht auf Zlatko Junuzovic und dessen Laufstärke verzichten wollte. Im 4-2-3-1 ist für ihn im offensiven Zentrum jedoch kein Platz mehr, wenn Kruse und Pizarro wieder fit sind. Nach erneuter schwacher Leistung von Junuzovic auf dem Flügel muss man wohl konstatieren, dass er dort keine Verstärkung für das Team darstellt. Vielmehr sollte er sich in einen Zweikampf um den Platz auf der Zehn mit Max Kruse begeben. Der bessere sollte spielen und dem anderen bliebe dann (zumindest vorerst) nur die Bank.

Einen ähnlichen Zweikampf würde ich mir auch auf anderen Positionen wünschen: Zwischen Bargfrede und Fritz um die Rolle des Zweikämpfers auf der Doppelsechs. Zwischen Grillitsch und Petsos um die Rolle daneben, die dem Spiel eher Ruhe und Struktur verleiht. Und auf der Position des rechten Verteidigers zwischen Theo Gebre Selassie und Robert Bauer. Im Tor tobt dieser Zweikampf ja sowieso schon und dort wird wohl Drobny zurückkehren, sobald er wieder fit ist. Felix Wiedwald konnte seine Rückkehr ins Tor aus meiner Sicht nicht dazu nutzen, wieder die Nummer 1 bei Werder zu werden.

Ich denke und hoffe, dass klare Ansagen, wie auf der heutigen PK, als Alexander Nouri sagte, dass Robert Bauer den Konkurrenzkampf annehmen und Gebre Selassie verdrängen müsse, auch so gemeint sind und keine Lippenbekenntnisse bleiben. Diesen Konkurrenzkampf haben wir durch die Rückkehr der Verletzten nun endlich auf mehreren Positionen und der Trainer muss diesen schüren und moderieren. Konsequenz und Fairness sind dabei das A und O. So erreichen wir die Winterpause hoffentlich mit einem blauen Auge und auf einem Nicht-Abstiegsplatz.

(Auf Aaron Johannsson und seinen wohl aussichtslosen Kampf um einen Platz in dieser Mannschaft möchte ich an dieser Stelle nicht groß eingehen. Warum er hinter Pizarro, Thy und Manneh bei Alexander Nouri nur noch vierte Wahl ist, ist für mich schlicht und einfach nicht nachvollziehbar. Ich gehe stark von einer Trennung im Winter aus. Sehr schade.)

Der Winter naht... doch was kommt dann?

Als Blogger, der meint, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, erlaube ich es mir außerdem noch, ein paar Gedankenspiele über die Winterpause und die Rückrunde anzustellen. Wie nutzen wir die Winterpause am sinnvollsten, um eine möglichst gute Rückrunde zu spielen? In erster Linie müssen in der Winterpause Defizite aufgearbeitet werden, sowohl im konditionellen als auch im taktischen Bereich. Personell bietet Neuzugang Thomas Delaney zudem die Möglichkeit, Kapitän Clemens Fritz auf dieser Position zu verdrängen bzw. mit diesem in den Konkurrenzkampf zu treten*. Ansonsten zählt es zu Frank Baumanns wichtigsten Aufgaben, den Kader drastisch zu verkleinern und Spieler, die unter Nouri keine Einsatzchancen mehr haben (wie Fallou Diagne, Sambou Yatabaré, Aaron Johannsson und eventuell Lukas Fröde und Ulisses Garcia) anderweitig unterzubringen.

(* Vielleicht ein Randaspekt, aber für mich nicht ganz unwichtig: Falls Clemens Fritz ab dem Winter öfter nicht mehr zur Stammelf gehören sollte, wäre es aus meiner Sicht ein wichtiges Signal, wenn ein unumstrittener Stammspieler stattdessen neuer Kapitän würde. Leider haben wir von diesen nicht allzu viele: Bargfrede, Kruse, Pizarro und Gnabry fallen mir ein. Und bei jedem dieser vier fällt mir auch schnell ein Argument ein, warum gerade derjenige nicht Kapitän werden sollte. Deshalb ein vielleicht etwas überraschender Vorschlag: Mit seiner Mischung aus Einstellung, Identifikation mit dem Club und Aussichten auf einen Stammplatz wäre für mich ab dem Winter Santiago Garcia der passende Kapitän für Werder.)

Taktisch würde ich mir wünschen, dass Werder eine Alternative zum 4-2-3-1 und 4-1-4-1 erarbeitet. Dass Nouri es versteht, einer Mannschaft ein System mit Dreierkette zu vermitteln, hat er im letzten Winter mit Werders U23 bewiesen. Mit der Rückkehr von Luca Caldirola wäre geeignetes Personal für eine solche Variante durchaus vorhanden. In der Rückrunde muss zu einer gewissen Stabilität auch taktische Flexibilität hinzukommen, ansonsten werden wir für die meisten Mannschaften zu leicht auszurechnen sein. Unsere individuelle Klasse dürfte nicht ausreichen, einen solchen Nachteil mittelfristig auszugleichen.

Ab Samstag gilt es: Ein Drittel der Saison ist rum und genau jetzt ist der Zeitpunkt, die Grundlagen für den Rest der Saison zu legen. Wir treffen auf die beiden - nicht nur tabellarisch - schwächsten Mannschaften der Bundesliga, die durch Erfolgserlebnisse am letzten Spieltag wieder Morgenluft wittern. Indem wir das beste aus unseren Möglichkeiten machen und die Stärken unseres Kaders auf den Platz bringen, sollten wir dringend zur Euphoriebremse für den HSV und Ingolstadt werden. Dann kann Werder einen nachhaltigen Turnaround schaffen.