Donnerstag, 11. September 2014

Schnelligkeit Is The New Black

"Wenn Leverkusen Schwächen hat, dann werden meine Jungs diese Schwächen finden." (Robin Dutt)

Zwei Wochen Bundesligapause können sehr lang werden. Die Länderspiele in den letzten zwei Wochen waren nur ein schwacher Trost und deshalb fängt die Bundesliga erst jetzt so richtig an. Bisher ist ja auch noch nicht so viel passiert: Werder hat zwei gute und zwei schlechte Halbzeiten gespielt. Mit zwei Punkten ist man weder gut noch schlecht in die die Saison gestartet und nun kommt mit den derzeit überaus starken Leverkusenern ein Gegner, der Werder vermutlich alles abverlangen wird. Und nicht nur wegen der zweiwöchigen Pause bin ich wirklich heiß auf dieses Spiel. Vor allem bin ich gespannt darauf zu sehen, ob Werder im Vergleich zur letzten Saison einen Schritt nach vorne gemacht hat oder nicht. Können wir mit einer der vier besten Mannschaften der Liga mithalten - vielleicht sogar Punkte holen - oder nicht? Greifen jetzt Automatismen, mit denen auch ein individuell um einiges stärker besetzter Gegner vor Probleme gestellt werden kann? Oder gibt es wieder Abreibungen wie so häufig in der letzten Saison, wenn es gegen die Spitzenmannschaften ging? Ich traue Werder im allerbesten Fall tatsächlich eine Überraschung in Leverkusen zu.

Schnelligkeit is the new black

Bei der heutigen Werder-PK fiel mir eines auf: Robin Dutt wollte ein Thema forcieren. Und zwar, dass Werder eine sehr, sehr schnelle Mannschaft ist, mit "acht bis neun schnellen oder sehr schnellen Spielern". Mehrmals wies Dutt auf diesen Umstand hin. Mal davon abgesehen, dass ich beim Zählen ziemliche Mühe habe, auf neun überdurchschnittlich schnelle Spieler in Werders erster Elf zu kommen, möchte ich auf etwas anderes hinaus: Die bewusste Themensetzung scheint mir bei Dutt (im Zusammenspiel mit Thomas Eichin) Methode zu haben. Extrem war es beispielsweise nach der Rückrunden-Niederlage in der letzten Saison gegen Augsburg. Die "Wettkampfmentalität" habe bei Werder nicht gestimmt. Dies wurde fast gebetsmühlenartig von Dutt wiederholt, fast immer aber auch mit dem Zusatz, dass dieses eine Spiel gegen Augsburg ein Ausreißer war. Denn eigentlich ist die Mentalität die große Stärke dieses Teams, worauf der Trainer immer wieder hinweist.

Weitere Beispiele für das Beschwören einer eigenen Stärke waren die Hinweise auf den Teamgeist in der Sommerpause, die Fitness nach den ersten Spielen nach der Sommerpause und auch der Zusammenhalt zwischen Team und Fans. Die andauernde Wiederholung positiver Eigenschaften des Teams scheint eine klare Strategie des Trainers zu sein und wenn die Mannschaft immer mehr Glauben in die eigenen Fähigkeiten erlangt - dies vielleicht sogar zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird - kann sich ja eventuell eine positive Eigendynamik entwickeln. So jedenfalls meine Hoffnung.

Hände hoch, das ist ein Überfall!

Und etwas Hoffnung werden wir gegen Leverkusen auf jeden Fall brauchen. Das Team hat bisher fast restlos überzeugt und setzt die Vorgaben des neuen Trainers auf dem Platz schon bemerkenswert gut um. Den bisherigen Gegnern fiel gegen das Roger-Schmidt-Leverkusen noch nicht besonders viel ein und besonders der BVB wurde von der neuen Spielweise mit hohem Pressing, extremem Verschieben und schnellem Umschaltspiel überrumpelt. Gerade da könnte Werder auch die Länderspielpause entgegen kommen, denn man hatte zumindest genug Zeit, Leverkusen (und vielleicht auch Red Bull Salzburg) unter Roger Schmidt zu anaylsieren.

Aber welche Schlüsse sollte Werder aus diesen Analysen ziehen? Julian Brandt bekannte in dieser Woche, dass es für Leverkusen eigentlich besser sei, wenn sie nicht den Ball hätten. Durch das hohe Gegenpressing erobere man den Ball häufig so weit in der gegnerischen Hälfte, dass man sofort Chancen kreieren könne. Für Werder ergeben sich daraus für mich zwei Alternativen: Entweder man setzt auf lange Bälle aus der Abwehr heraus, um die Ballverluste in der eigenen Hälfte zu minimieren, oder man setzt in der Abwehr und im Mittelfeld auf die ballsichersten Spieler, denen selten Ballverluste unterlaufen. Angesichts der letzten Spiele tippe ich auf erstere Variante und denke, dass die Mannschaftsaufstellung im Gegensatz zu Hoffenheim kaum variieren wird. Entscheidet sich Dutt für die zweite Herangehensweise, könnte ich mir vorstellen, dass Caldirola wieder für Lukimya in die Viererkette rückt und statt Selke ein offensiver Mittelfeldspieler aufläuft. Bei Izet Hajrovic muss man noch abwarten, wie er die späte Anreise nach seinem Länderspieleinsatz verkraftet*. Für ihn würde entweder Fin Bartels oder Marnon Busch in die erste Elf rücken.

(* Sicherlich besser als Cedric Makiadi.)

Tipp

Ich denke schon, dass Werder eine Chance gegen Leverkusen hat, aber dennoch halte ich die Leverkusener für individuell um einiges stärker und Werder muss erst noch beweisen, dass sie mit einem solchen Klassegegner mithalten können. Ich tippe deshalb auf ein 2:0 für Leverkusen, auch wenn ich mir natürlich einen Sieg wünsche würde, wenn ich schon mal live vor Ort bin.

Dienstag, 2. September 2014

Von Schnäppchen- und Torjägern

„Wenn Sie mit 2000 Euro oder mit 150 Euro in die Stadt gehen und Klamotten kaufen wollen, dann müssen Sie mit 150 Euro hinterher nicht unbedingt schlechter aussehen. Aber dafür müssen Sie einen Pullover vielleicht fünfmal anprobieren und nach Schnäppchen suchen.“ (Thomas Eichin)

Den Ausführungen unseres Geschäftsführers Sport ist wohl nur noch wenig hinzuzufügen. Werder hat seinen Fans am letzten Tag des geöffneten Transferfensters keine aufregenden Last-Minute-Schnäppchen mehr beschert und auch der franko-polnische Ladenhüter der letzten Saison muss wohl noch ein wenig im Schaufenster bleiben. Uff... Nach diesem Metaphern-Overkill direkt rein ins Spiel gegen Hoffenheim.

Vor dem Spiel

Zwei meiner Fragen aus diesem Blogpost beantwortete Robin Dutt einigermaßen überraschend: Zum einen rückte Sebastian Prödl nicht - wie von mir vermutet - für Assani Lumkiya zurück in die Mannschaft, sondern für Luca Caldirola. Caldirola hatte in dieser Saison zwar noch keine gravierenden Aussetzer, schaffte es aber auch noch nicht, positiv aufzufallen und so gab Lukimyas starke Form den Ausschlag zu seinen Gunsten. Im Sturm lief Davie Selke von Beginn an auf und war auch von Beginn an wieder mit all seinem Engagement und seiner Aggressivität im Spiel. In einem 4-4-2 mit der Doppel-Sechs Galvez/Junuzovic wollte Dutt es gegen die stark gestarteten Hoffenheimer versuchen.

Das Spiel

Werder ging ziemlich abwartend in das Spiel und hatte das Hoffenheimer Pressing einigermaßen im Griff. Auf beiden Seiten ergaben sich eher halbgare Chancen. Dann aber ließ Werder in der 19. Minute Sebastian Rudy im Mittelfeld viel zu viel Zeit für seine schöne Flanke auf Roberto Firmino. Dieser wurde von Izet Hajrovic nur halbherzig begleitet und konnte nach starker Ballannahme am unentschlossen herauskommenden Raphael Wolf technisch anspruchsvoll zum 1-0 einschieben. Eine Fehlerkette, die aus Galvez (der Rudy zu viel Platz zum Flanken ließ), Fritz (der zu weit nach innen einrückte), Hajrovic und Wolf bestand, führte zu einem ärgerlichen Rückstand.

Werder brauchte etwas Zeit, um sich zu erholen, tappte aber nicht in die Falle, schon zu früh zu viel zu riskieren und damit die Hoffenheimer zu Kontern einzuladen. So entstand Werders größte Chance mal wieder durch einen (wie immer) mit Schnitt zum Tor getretenen Freistoß, den Alex Galvez gut mit dem Kopf erwischte. Oliver Baumann parierte aber leider stark.

In der Pause wurde auf Bremer Seite nicht gewechselt, aber durch die verletzungsbedingte Herausnahme des Hoffenheimer Rechtsverteidigers Strobl ergaben sich für Werder gegen Strobls Ersatzmann Abraham nun mehr Möglichkeiten. Kurz vor dem Ausgleich war schon zu spüren, dass Werder immer mehr Zugriff auf das Spiel bekam. Hierbei fiel mir auf, dass vor allem die beiden Innenverteidiger von Werder nun viel konsequenter schon im Mittelfeld versuchten, Bälle zu gewinnen. Das Tor fiel dann über Werders linke Angriffsseite, auf die Franco di Santo auswich und von dort eine Flanke auf den aufgerückten Alex Galvez schlug, der sein gutes Startelfdebüt mit einem Klassetor verzierte.

Direkt nach Wiederanpfiff kassierte Galvez eine gelbe Karte wegen Foulspiels. Für mich ein Zeichen, dass die Mannschaft sich auch im Moment des Erfolgs die nötige Aggressivität bewahren wollte und so ging es nach dem Ausgleich fast nur noch in Richtung Hoffenheimer Tor. Ordentlich Schwung brachte Fin Bartels, der nach einer Stunde für Hajrovic kam. Auch Nils Petersen, der für den stark gelb-rot-gefährdeten Selke* kam, war eine Belebung.

* (Leider gefiel Schiedsrichter Robert Hartmanns Selkes angesprochene Spielweise nur bedingt. Die frühe gelbe Karte (3. Minute) war für Selke zwar nicht unbedingt Gift, machte das Spiel aber für alle Beteiligten noch auf einer zweiten Ebene spannend: Fliegt Selke mit Gelb-Rot vom Platz oder nimmt Dutt ihn rechtzeitig runter? Auch ansonsten war der Schiedsrichter für mich ein ziemliches Ärgernis, der tendenziell gegen die Heimmannschaft zu pfeifen schien bzw. Werder für gleiche Vergehen härter bestrafte als die Hoffenheimer.)

Werder war Hoffenheim in den letzten 30 Minuten überlegen, doch bei jeder der vielen Chancen fehlte das letzte Quäntchen Glück. Die dickste Chance vergab di Santo, der wieder ein hervorragendes Spiel machte und dessen Formkurve steil nach oben zeigt. Petersen hatte hingegen eine Reihe von guten, aber nicht 100-prozentigen Chancen. Mit Glück geht eine davon rein, aber dieses Glück muss sich Petersen wohl erst wieder erarbeiten. Letztlich blieb es bei einem 1-1, mit dem ich vor dem Spiel zufrieden gewesen wäre. Jetzt bin ich zufrieden, weil ich ein Werder gesehen habe, das ich schon fast vergessen hatte.

Das Werder-Barometer

Es geht voran. In der ersten Halbzeit waren wir nicht so brutal unterlegen wie gegen die Hertha und in der zweiten Halbzeit haben wir Hoffenheim fast beherrscht. Auch die drängendsten Personalfragen sind fürs Erste geklärt und es kann sich wieder auf den Sport konzentriert werden. Eigentlich würde mein Barometer ein bisschen klettern, aber für ein 7/10 reicht es noch nicht ganz, es muss ja noch Luft nach oben bleiben: 6/10.

Fragestunde
  • Unterbricht die Länderspielpause Werders Aufwärtstrend?
  • Wer kassiert Werders ersten Platzverweis in dieser Saison? Davie Selke oder Santiago Garcia?
  • Ist in diesem Team noch ein Platz für Ludovic Obraniak?

Freitag, 29. August 2014

Es lebe der Sport!

"Ich mag das Schlechtreden hier nicht. Wir haben keine schlechte Stimmung, wir freuen uns auf die Bundesliga!" (Thomas Eichin)

Es sind noch dreieinhalb Tage bis sich das Transferfenster endlich schließt und darüber bin ich wirklich froh. So viel Spaß ja Spekulationen machen können, wer noch die Mannschaft verstärken könnte, so sehr überwiegt doch derzeit der Frust über Werders knappe Kassen. Die schlechte finanzielle Situation führt dazu, dass jeder Spieler bei Werder verkäuflich ist und dass das Finanzthema den Sport weit in den Hintergrund gerückt hat. Nach den Verkäufen von Akpala und Ekici scheint die Werder-Schubkarre weiterhin gebraucht zu werden. Natürlich würde ich mir auch noch ein, zwei Knaller für das Team wünschen, aber ich hätte auch nichts dagegen einzuwenden, wenn wir mit dem jetzigen Kader in die restliche Saison gehen würden. So schwach sehe ich die Mannschaft nicht und wir haben einige taktische Möglichkeiten.

Bis Montagabend wird sicherlich noch irgendjemand Werder verlassen, vermutlich Ludovic Obraniak, und vielleicht zaubert Thomas Eichin sogar noch einen Neuen aus dem Hut. Bezüglich Werders Nachwuchshoffnungen Marnon Busch, Levent Aycicek und Martin Kobylanski wurden in dieser Woche Fakten geschaffen, und auch bei Davie Selke scheint eine Einigung nicht mehr weit entfernt. Dann ist es aber auch gut mit dem Transfer- und Vertragstheater und es kann sich endlich auf den Sport konzentriert werden. Darauf freue ich mich genauso wie unser Geschäftsführer Sport!

Der Spitzenreiter kommt

1899 Hoffenheim hat am vergangenen Wochenende wenig überraschend gegen Augsburg gewonnen und das 2-0 reichte bereits für die Tabellenführung nach dem ersten Spieltag. Für viele Beobachter sind die Hoffenheimer einer der (nicht so geheimen) Geheimtipps auf einen internationalen Platz in dieser Saison, vor allem weil sie ihre größten Schwachstellen im Kader (Torwartposition und Innenverteidigung) durch die Transfers von Oliver Baumann und Ermin Bicakcic klug behoben zu haben scheinen. In der Offensive gelang es, die Leistungsträger Firmino und Volland zu halten und der Abgang von Joselu wurde durch den Einkauf von Szalai gut ersetzt. Hoffenheim hatte in der ersten DFB-Pokalrunde keinerlei Probleme mit den Hamburgern vom USC Paloma und macht schon zu Saisonbeginn einen gut eingespielten Eindruck.

Und Werder? Gegen Hoffenheim geht man nicht als Favorit ins Spiel und kann dem Gegner das Spiel überlassen. Letztes Wochenende ließ man sich von Hertha anfangs zu sehr die spielbestimmende Rolle aufdrängen und wurde dafür mit dem 1-0 bitter bestraft. Markus Gisdols Hoffenheim presst meist aggressiv und ist auf den schnellen Ballgewinn plus Torabschluss aus. Hier muss Dutt von Beginn den richtigen Schlüssel zum Spiel finden, denn ich fürchte, dass Werder sich von einem Rückstand gegen Hoffenheim sehr viel schlechter erholen würde als noch in der letzten Woche in Berlin. Für Werder wird es darum gehen, sicher zu stehen und vielleicht sogar durch eine Konter- oder Standardsituation selbst in Führung zu gehen.

Passend dazu hat Werder derzeit die viel zitierte Qual der Wahl bei den Defensivspielern: Bereits am Montag fragte ich mich, ob Lukimya eine Chance hat, Luca Caldirola aus der Abwehrmitte zu verdrängen, nun wird die Frage am Wochenende spannend. Ich tippe aber darauf, dass Dutt dem in der letzten Saison erfolgreichen Duo Prödl-Caldirola vertraut. Einerseits hat Dutt immer wieder erwähnt, dass Prödl sein Abwehrchef ist und andererseits hat Luca Caldirola in seinen 34 Bundesligaeinsätzen für Werder bisher ganze sechs Minuten auf der Bank verbracht.

Ansonsten wünsche ich mir Werder in einem 4-3-3-System mit einem Dreier-Mittelblock bestehend aus Makiadi, Junuzovic und Kroos oder Galvez. In Berlin sah man außerdem deutlich, dass unsere Außenverteidiger (vor allem Clemens Fritz) einen Mann vor sich auf der Außenposition zur Erfüllung ihrer defensiven Aufgaben benötigen. Hier haben in der zweiten Halbzeit gegen Hertha Elia und Hajrovic gut funktioniert. Di Santo ist als unser derzeit stärkster Stürmer wohl unumstritten.

Tipp

Hoffenheim hat sich im Vergleich zur letzten Saison scheinbar noch ein wenig verbessert und macht bereits einen einigermaßen gefestigten Eindruck, während Werder noch vor allem über die Mentalität kommt. Ich fürchte, dass allein Mentalität am Samstag nicht ausreichen wird und tippe daher auf ein 3:1 für Hoffenheim.

Montag, 25. August 2014

Aller Anfang ist schwer

"Wir haben halt immer solche Phasen drin in unserem Spiel, wo wir einige Minuten verpennen und das darf uns einfach nicht passieren." (Zlatko Junuzovic)

Ich möchte mich Zlatko Junuzovics Worten nach dem 2-2 gegen Hertha BSC zumindest teilweise anschließen. Nach dem 1-0 durch Julian Schieber funktionierte von einem Moment auf den anderen in Werders Spiel überhaupt nichts mehr. Eine wirklich quälend lange erste Halbzeit hätte locker mit 2:0 oder 3:0 für Hertha enden können und Werder konnte sich glücklich schätzen, dass sie mit einem noch aufholbaren Rückstand in die Pause gingen. Werder spielte in dieser Phase mehr als nur "einige Minuten" wie ein Abstiegskandidat. Was dann geschah, lässt für die nächsten Wochen aber wieder etwas Hoffnung aufkommen.

Vor dem Spiel

Die gegen Illertissen noch verletzten Ludovic Obraniak und Franco di Santo standen Robin Dutt wieder zur Verfügung und der Argentinier rückte auch direkt in die Startelf. Ansonsten behielt Werder die Raute im Mittelfeld bei, die Zehnerposition wurde jedoch dieses Mal von Izet Hajrovic bekleidet, der viel mit Werders hängender Spitze Eljero Elia rotierte.

Auf der alleinigen Sechser-Position ersetzte Felix Kroos Alejandro Galvez, der im DFB-Pokal zwar nicht gerade überragend war, aber den ich doch ganz gern in Bundesliga-Aktion gesehen hätte. Die Halbpositionen im Mittelfeld teilten sich Junuzovic und Cedric Makiadi. In der Viererkette blieb alles beim Alten, auch weil Sebastian Prödl noch nicht wieder im Kader stand.

Das Spiel

Vor dem Spiel las ich irgendwo, dass Hertha Werder überrennen wolle. Okay, die Quelle war vielleicht nicht die vertrauenswürdigste: Hertha überließ Werder anfangs komplett das Spiel und hoffte darauf, dass sich durch Werders immer noch nicht gefestigtes Passspiel Ballgewinne und dadurch gefährliche Umschaltaktionen ergeben würden. So war wohl Dutts Analyse der ersten Viertelstunde treffend, in der er nicht Werders Überlegenheit hervorhob, sondern vermutete: "Vielleicht hat Hertha unsere Bälle auch laufen lassen." Herthas Strategie machte sich nach 16 Minuten bezahlt: Ein weiter Pass hinter die aufgerückte Abwehr, ein Zögern von Raphael Wolf und dann noch ein ziemlich unglückliches Zweikampfverhalten von Luca Caldirola führten letztlich zum 1:0.

Danach hielt das Grauen der letzten Jahre Einzug ins Bremer Spiel. Unsägliches Passspiel, gepaart mit miesen Zweikämpfen im Mittelfeld und diversen Stockfehlern ließen das Schlimmste für den Rest des Nachmittages befürchten. Glück und Wolf bewahrten uns aber vor einer Entscheidung zum Pausentee.

Aus der Pause kam Werder dann in mehrfacher Hinsicht verändert. Kroos wurde durch Davie Selke ersetzt, wodurch sich ein 4-4-2 mit einer flachen Vier im Mittelfeld ergab. Elia und Hajrovic besetzten nun die Außenpositionen, während der zuvor schwache Junuzovic und der zuvor sehr schwache Makiadi das Zentrum bildeten. Ganz ehrlich: So hätte ich bestimmt nicht reagiert, vor allem nicht nach Makiadis grausamer erster Halbzeit.

Doch der Schachzug ging auf und Robin Dutt erwies sich ein weiteres Mal als Experte für Umstellungen während des Spiels. Zwar kassierte Werder schnell das 2:0, war kurz danach aber wieder im Spiel als das neue Traum-Duo Junuzovic-Lukimya wieder zuschlug. Der zögerliche Hertha-Keeper Thomas Kraft sah bei Lukimyas Rückentreffer nach Junuzovic-Freistoß ziemlich schlecht aus.

Zurück im Spiel und mit einer deutlich verbesserten Raumaufteilung gewann Werder endlich Zugriff im Mittelfeld und münzte dies mit einer schönen Kombination über Garcia, Elia und di Santo in den 2:2-Ausgleich um. Auch vorne war durch Selkes Einwechslung und dessen charektistisch hohen Aufwand auf einmal wesentlich mehr Betrieb. Beide Teams hatten zwar noch Möglichkeiten für den Siegtreffer, aber letztlich blieb es bei einem Unentschieden, mit der nur die grün-weiße Seite zufrieden sein konnte.

Aus Schaden wird man klug...

Die von Zlatko Junuzovic angesprochenen "paar Minuten", in denen Werder pennt, bereiten weiterhin Sorgen. Bereits bei Bekanntgabe der Werder-Aufstellung griffen sich sicherlich einige an den Kopf: Wieso durfte Makiadi trotz seiner offensichtlichen Formschwäche wieder ran? Warum bringt Dutt keinen klassischen Spielmacher wie Obraniak oder Aycicek auf der 10er-Positionen? Alles berechtigte Fragen, denn in der ersten Halbzeit war Werder auch wegen dieser Mittelfeld-Zusammensetzung (in der Kroos zwar einigermaßen mithielt, aber keinerlei Dominanz ausstrahlte) Hertha klar unterlegen. Die spielerischen Mängel im Mittelfeld kamen fast mit Ansage, es spricht aber für Dutt, dass er dies korrigierte und mutig auf diese Mängel reagierte.

Leider mittlerweile eine Randnotiz: Warum Ludovic Obraniak wieder nicht gespielt hat, wurde nach dem Spiel nicht erklärt. Vielleicht hat sich das Thema auch bald von selbst erledigt. Ich fänd einen Wechsel unheimlich schade, weil ich mir - wie wohl viele Werder-Fans - Großes von Obraniak erhofft hatte. C'est la vie!

Das Werder-Barometer

Machen wir uns trotz des guten Ergebnisses vom Samstag aber auch nichts vor: Die Leistung in der ersten Halbzeit war schrecklich und niemand kann ausschließen, dass stärkere Mannschaften als Hertha (Hoffenheim beispielsweise) Werders Abwehrprobleme noch viel konsequenter ausnutzen. Moral, körperliche Fitness, taktische Flexibilität und zarte Anzeichen von Spielkultur erhalten die Hoffnung auf Besserung aber am Leben. Meine Stimmungslage bleibt bei 6/10.

Fragestunde

  • Ist Davie Selke schon bereit für die Startelf?
  • Können wir auf Lukimyas Torgefahr verzichten, wenn Prödl in die Startelf zurückkehrt? Sollte stattdessen vielleicht Luca Caldirola auf die Bank?
  • Gewinnt Thomas Schaaf mit Frankfurt in dieser Saison direkt das Double?

P.S.: Unkommentiert bleiben in diesem Beitrag die angeblichen Querelen zwischen Aufsichtsrat und Geschäftsführung. Solange es nicht Handfesteres als diesen tendenziösen Bericht gibt, erübrigen sich meiner Meinung nach Kommentare bis auf Weiteres.

Donnerstag, 21. August 2014

Transfer-Ernüchterung und Liga-Vorfreude

"Es war klar, dass momentan kein Geld da ist. Ich habe nicht damit gerechnet, dass heute irgendein Geldkoffer auf einmal bei Thomas auf dem Schreibtisch steht." (Robin Dutt)

Die Erleichterung nach dem Sieg gegen Illertissen währte nicht lang: Bei Werder wurde das Spiel schnell abgehakt, die mehr als durchwachsene Leistung mit dem Faktor Psychologie begründet und nun auf den Bundesligastart gegen Hertha BSC Berlin hingefiebert. Doch heute bestimmt ein anderes Thema die Berichterstattung über Werder: Die Nicht-Verpflichtung von Bryan Ruiz. Am Mittwochabend einigten sich der Aufischtsrat und die Geschäftsführung darauf, dass man den Weg der finanziellen Konsolidierung weitergehen werde und dementsprechend in nächster Zeit Verkäufe und nicht Neuverpflichtungen umzusetzen seien. Thomas Eichin sieht, so deute ich seine Aussagen mal, dass die Aufgabe für Werder angesichts der teilweise massiv aufrüstenden Konkurrenz für Werder nicht einfacher wird, beißt sich aber auf die Zunge, wenn es um Forderungen nach größerem finanziellen Spielraum geht. Er wisse eben, worauf er sich bei Werder 2013 eingelassen habe und nun gelte es, aus dem Vorhandenen das Beste rauszuholen. Eine Aufgabe, der sich alle im Verein, so Robin Dutt, mit doppelt so harter Arbeit stellen werden.

Bye, bye, Bryan

Und um ehrlich zu sein: Die Verpflichtung von Ruiz wäre vielleicht eine gute Gelegenheit gewesen, einen erfahrenen und torgefährlichen Offensivmann zu holen, der zudem etwas WM-Glanz nach Bremen gebracht hätte, aber wäre er die Verstärkung gewesen, die in dieser Saison den Unterschied gemacht hätte? Torgefahr ist sicherlich das, was uns - vor allem, wenn Franco di Santo ausfällt - derzeit am meisten abgeht. Aber hoffentlich kann Werder diese durch eine besser umgesetzte Spielidee in dieser Saison kreieren und nicht durch das Hinzukaufen eines einzelnen Spielers, der mir auch nicht dramatisch besser zu sein scheint als das vorhandene Personal. Und das ist doch letztlich die Aufgabenstellung an Eichin und Dutt: Holt das Optimum aus Werders knappen Mitteln heraus! Fordert keine Verstärkungen in der Öffentlichkeit, schließlich wisst ihr, worauf ihr euch eingelassen habt. Wer dem Aufsichtsrat vorwirft, zu sehr auf dem Geld zu sitzen, sollte meiner Meinung nach eher darüber nachdenken, ob das Kontrollgremium nicht aus den Fehlern der letzten KATS-Jahre gelernt hat.

Thomas Eichin hat - und darauf verweist er auch in dem oben verlinkten Video - bereits günstig Spieler verpflichtet, die ihren Marktwert steigern konnten und hoffentlich auch weiter werden. Die Unterstützung durch Rouven Schröder bei der Umsetzung "kreativer" Transferlösungen wird dabei zukünftig noch eine wichtige Rolle spielen. Das Setzen auf Teamgeist, taktische Flexibilität und die Beschwörung der Fans als bedingungslose Unterstützer des Teams stellen weitere Strategien der sportlichen Leitung dar, finanzielle Nachteile auszugleichen und langfristig aus weniger mehr zu machen. Ich für meinen Teil will daran glauben, dass wir so wieder erfolgreich sein können, selbst wenn Eichin und Dutt ein wenig zu ihrem Glück gezwungen werden müssen. Ziel für die Werder-Mannschaft muss es sein, dass sie mehr als die Summe ihrer Teile ist. Das wird schon schwer genug.

Ach ja: Bundesliga geht wieder los

Und jetzt endlich zum Sportlichen: Der Gegner am Samstag heißt Hertha BSC. Ganz unzufrieden bin ich mit dieser Ansetzung nicht, denn die Hertha hat sich nach einer ziemlich miesen Rückrunde mit lediglich 13 Punkten personell auch nicht überragend verstärkt und muss die Neuzugänge Stocker, Beerens, Schieber, Hegeler, Heitinga und Co. erstmal integrieren. Trainer Jos Luhukay schafft es immer wieder, seine Mannschaften stabil und zuverlässig Leistung abliefern zu lassen, was bereits eine Kunst ist. Dafür ist Luhukays Hertha meiner Ansicht nach aber in ihrem 4-2-3-1-System relativ leicht auszurechnen, lediglich Ronny bringt einen X-Faktor in die Mannschaft.

Vielleicht reagiert Robin Dutt darauf ja mit einem taktischen Kniff. In der Vorbereitung wurde neben dem 4-4-2 mit Raute auch ein 3-5-2-System einstudiert. Da uns mit Bargfrede und Gebre Selasse derzeit wichtige Rautenspieler fehlen und Cedric Makiadi seine Form über die Sommerpause immer noch nicht wiedergefunden zu haben scheint, bietet sich eine Umstellung auf das 3-5-2 meiner Meinung nach geradezu an. Eine Dreierkette Caldirola-Galvez-Lukimya (oder Prödl, wenn er fit ist), davor Felix Kroos und Zlatko Junuzovic, die Ludovic Obraniak absichern und den Spielaufbau übernehmen, links Garcia und rechts Fritz, di Santo und Elia oder Hajrovic im Sturm. Ich würde solch eine Formation gern mal sehen und bin gespannt, ob Dutt schon zum Saisonstart so risikofreudig ist.

Tipp

Beide Trainer sind sich darin einig, dass ein Duell auf Augenhöhe ansteht. Kein Team weiß zum Start der Saison genau, wo es selbst steht, geschweige denn, wie gut der Gegner wirklich drauf ist. Mein Tipp ist deshalb vorsichtig: 1-1 geht es aus.

Montag, 18. August 2014

Sensationell

"Die kleine Weiterentwicklung hat stattgefunden: Wir sind weitergekommen. Wir haben die Sensation geschafft." (Robin Dutt)

Diese Worte auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Illertissen sprach der Werder-Trainer mit einem Lächeln der Erleichterung aus. Und doch lag in diesem Scherz eine Menge Wahrheit. Denn Werder war dem vierten Aus in der ersten Runde des DFB-Pokals hintereinander kurz zuvor nur um Haaresbreite entronnen. Santiago Garcias Querschläger in der 89. Minute, gefolgt von einer Meinungsverschiedenheit zwischen Raphael Wolf und Assani Lukimya, wer sich denn bitte dem Ball widmen möge, hätte beinahe das 2-1 für Illertissen durch Marc Hämmerle und damit das fast sichere Ausscheiden bedeutet. Es kam anders und so kann Werder erstmals seit 2010 wieder mit Spannung die Auslosung zur zweiten Runde des Pokals verfolgen.

Vor dem Spiel

In meinem Blog-Eintrag vom letzten Donnerstag hatte ich auf eine Werder-Aufstellung mit Raute und dem Sturm-Duo Petersen/Elia getippt. Doch Robin Dutt überraschte mit einer Formation, die völlig auf einen gelernten Mittelstürmer verzichtete und brachte ganz vorne neben Eljero Elia Neuzugang Izet Hajrovic. Vermutlich versprach Dutt sich von dieser Maßnahme, dass man dem Viertligisten mit zwei schnellen und dribbelstarken Stürmern (unterstützt durch Fin Bartels in der rechten Position der Mittelfeldraute) eher beikommen könnte als mit dem eher statischen Nils Petersen. Ansonsten bot die Werder-Aufstellung keine Überraschungen.

Das Spiel

Ich selbst war vor dem Spiel schon aufgeregt und kann mir kaum vorstellen, wie sehr die Versagensänsgte an den Werder-Spielern genagt haben. Buchstäblich jeder Zeitungs-/Internet-/TV-Bericht im Vorfeld des Spiels (inkl. meines eigenen Blog-Beitrags) hatte als Aufhänger Werders katastrophale Pokal-Bilanz der letzten drei Jahre. Doch dann gab es bereits in der dritten Spielminute eine riesengroße Kanne Beruhigungstee: Nach einem Freistoß von Hajrovic kommt Garcia nicht mehr ganz mit dem Kopf an den Ball, kann seinen Gegenspieler aber dermaßen irritieren, dass der den Ball an die Hand bekommt. Ein klarer Elfer, den Hajrovic quasi als Einstandsgeschenk selbst sicher verwandeln darf. Danach hatte Werder das Spiel einigermaßen im Griff, ohne selbst besonders gefährlich zu werden.

Bereits fünf bis zehn Minuten vor dem Ausgleich durch Nebel merkte man aber, dass Illertissen den Rückstand gut verdaut hatte. Werder schenkte den Ball immer wieder leichtfertig her, im Fall des Ausgleichs durch ein Foulspiel in Strafraumnähe durch Bartels. Bartels gelang auf der halbrechten Position im Mittelfed leider kaum etwas, war aber immerhin an der besten Kombination Werders in der ersten Halbzeit beteilgt, die durch Cedric Makiadi (der eigentlich torgefährlicher werden möchte) kläglich vergeben wurde.

Bartels war dann auch derjenige, der in der Halbzeitpause weichen musste, damit Dutt in Form von Davie Selke mehr körperliche Präsenz im Sturm bringen konnte. Zlatko Junuzovic musste dafür von der 10 auf Bartels Position zurückweichen, Hajrovic übernahm die Rolle hinter den Spitzen. Werders Spiel wurde trotz dieser nachvollziehbaren Maßnahmen aber eher schlechter als besser. Vor allem die Unkonzentriertheiten in Werder Passspiel und die Art und Weise, wie leicht sich beispielsweise Elia von den Illertisser Abwehrspielern vom Ball trennen ließ, machten das Spiel schwer erträglich. Auch Marnon Busch, der den schwachen Makiadi ab der 61. Minute ersetzte, änderte nicht viel daran, gefiel aber ein paar Mal durch energische Vorstöße auf der für ihn ungewohnten Mittelfeldposition. Nach der überstandenen 100%-Chance für Illertissen in der 89. Minute ging es also in die Verlängerung.

Dass Werders Tore zum 2-1 und 3-1 jeweils nach Standardsituationen fielen (jeweils getreten von Junuzovic) passt ins Bild eines an diesem Tag nicht besonders spielfreudigen SV Werders. Erst konnte Lukimya völlig feistehend einköpfen, danach lenkte Selke einen Schuss von Felix Kroos technisch anspruchsvoll mit der Hacke ins Tor ab. Zwischen beiden Toren hatte aber auch der FV Illertissen noch eine Chance und kam nach dem 3-1 postwendend wieder zurück ins Spiel, nachdem Clemens Fritz seinem Gegenspieler Hämmerle viel zu viel Platz zum Torschuss gelassen hatte. Große Angst kam danach aber nicht mehr auf und so steht Werder endlich mal wieder in der nächsten Pokalrunde. Ganz egal, wie.

Mit Hängen und Würgen weiter

Auch nach dem Auftakt nach Maß fand Werder leider nie zu einem souveränen Spiel gegen wirklich gut organisierte, kamp- und lauftstarke Illertisser. Ich kann die Aussagen der Spieler und Verantwortlichen schon nachvollziehen, dass die Psychologie in diesem Spiel eine ganz besondere Rolle gespielt hat und deshalb sollte man noch längst nicht den Stab über diese Mannschaft brechen. Verbessern muss sich bis zum Start gegen Hertha aber noch einiges.

So steht weiter die Frage im Raum, ob Junuzovic wirklich als Spielmacher Bundesligaformat besitzt. Dass Dutt ihn bereits nach 45 Minuten von dieser Position wegbeordert ist sicherlich kein Vertrauensbeweis. Ich finde zwar, dass Junuzovic wichtig für unser Spiel ist, jedoch eben dort, wo er seine Stärken am besten einsetzen kann. Kreativität gehört nicht unbedingt dazu. Auch für Hajrovic dürfte dies nicht die Idealposition sein und so hoffe ich, dass Dutt es doch noch mit Ludovic Obraniak oder vielleicht sogar mal im Laufe eines Spiels mit Levent Aycicek hinter den Spitzen probiert.

Donnerstag vermutete ich schon, dass Nils Petersen in Werders Stürmerhierarchie nach hinten rutschen könnte. Mit einer derartig zeitigen Fingerzeig wie am Sonntag haben jedoch wohl die wenigsten gerechnet. Keine Spielminute für Petersen in einem Spiel, in dem Werder unter massivem Druck stand, dafür Einsatzzeit und ein Tor für Werders Shooting-Star Davie Selke. Ich könnte mir vorstellen, dass Werder über Anfragen für Petersen nicht unglücklich wäre, wobei ich einen Wechsel - vor allem aus menschlichen Gründen - mit gemischten Gefühlen sehen würde.

Das Werder-Barometer

Zur Erklärung: Nach jedem Pflichtspiel ordne ich meine eigene Werder-Stimmungslage auf einer Skala von 1 bis 10 ein. Das Spiel von gestern war zwar spielerisch ernüchternd, jedoch müssen mildernde Umstände aus dem Bereich der Psychologie angeführt werden. Wir sind weiter und mehr zählt in der ersten Runde in diesem Jahr nun wirklich nicht. Außerdem fehlen Werder noch einige wichtige Stammspieler, die hoffentlich bald wieder an Bord sind. Positiv stimmen mich zudem die Abgänge von Mehmet Ekici und Joseph Akpala, die die Wahrscheinlichkeit für eine Neuverpflichtung in der Offensive noch steigen lassen dürften. Beiden sei an dieser Stelle nur das Beste für die Zukunft gewünscht. Mein Werder-Barometer ist also noch im leicht positiven Berich: 6/10.

Fragestunde

  • Hat sich das Thema Junuzovic als Rauten-Zehner schon nach 45 Minuten für Werder erledigt?
  • Welche Rolle spielt Nils Petersen noch in Robin Dutts Plänen? Hat Davie Selke schon die Nase vorn in diesem Duell?
  • Konnte Alex Galvez als Sechser überzeugen? Wie nah dran an der ersten Elf ist Felix Kroos?




Donnerstag, 14. August 2014

Nach der Sommerpause ist vor Illertissen

Noch drei Tage.

War die Sommerpause zu lang? Nein, eine insgesamt wunderbare WM mit einem Happy End für alle, die es mit der deutschen Nationalmannschaft halten, hat die Bundesliga und Werder für einen Monat fast vergessen lassen.

War die Sommerpause zu lang? Na klar, denn egal wie schön die WM und wie schlecht die letzte Saison war, die Vorfreude und die Ungeduld auf die neue Saison stellt sich doch jedes Jahr wieder viel zu früh ein. Überbrückt wird die fiebrige Erwartung mit Testspielen und Sommertransferspekulationen.

Transferspekulatius 2014

Und die Spekulationen schießen heute wieder besonders ins Kraut. Ganz neues Spekulations-Objekt scheint Per Skjelbred vom HSV zu sein. Nach Bild-"Informationen" habe sich Werder nach den Wechselkonditionen des Mittelfeldspielers erkundigt. Wenn man sich die schleppende Genesung von Philipp Bargfrede und die Verletzung von Theo Gebre Selassie anschaut, ergibt dieses Gedankenspiel sogar Sinn, denn Skjelbred scheint dem Vernehmen nach einer zu sein, der auf der Achter-Position in der Raute seine Stärken hat. Doch braucht Werder noch mehr Spieler von der Art "Kämpfer und Läufer"? Eigentlich sehe ich unseren Bedarf dort gedeckt bzw. würde unsere knappen Mittel gern in andere Mannschaftsteile investieren.

In die Offensive beispielsweise. Auftritt Bryan Ruiz in der Gerüchteküche. Wer sich auf der heutigen Pressekonferenz vor dem Illertissen-Spiel Erhellendes von Thomas Eichin zum Thema Ruiz erhoffte, bekam lediglich ein süffisantes Lächeln und zwei Aussagen: "Wir suchen immer nach Verstärkungen" und "ob Bryan Ruiz dazugehört, weiß ich nicht". Ersteres nehme ich unserem Geschäftsführer Sport ab, Zweiteres eher nicht. Letztlich wird ein Transfer von mehreren Faktoren abhängen: Kann man Mehmet Ekici noch (eventuell mit einem kleinen Gewinn) abgeben? Übersteht man die erste Pokalrunde? Welche Möglichkeiten ergeben sich kurzfristig auf dem Transfermarkt? Eichin macht auf mich jederzeit einen topvorbereiteten Eindruck und so nehme ich ihm auch ab, dass man zwar noch einen Spieler sucht, der "schnell ist und in die Box kommt", aber dass sich eine günstige Gelegenheit eben häufig erst kurz vor Schließung des Tranferfensters ergibt.

Der DFB-Pokal droht

Zu unseren letzten drei DFB-Pokal-Spielen wurde eigentlich schon genug gesagt und geschrieben, also ist es auch kein Wunder, wenn der eine oder andere nicht besonders gern darauf angesprochen wird. Wird die Reihe aus Heidenheim, Münster und Saarbrücken am Sonntag um das Städtchen Illertissen ergänzt? Bereits im letzten Jahr erwies sich der FV Illertissen für Eintracht Frankfurt als kniffliger Gegner, der letztlich "schmucklos" mit 2:0 besiegt wurde. Der bayerisch-schwäbische Oberligist ist mittlerweile bereits seit sechs Spieltagen im Ligabetrieb und rangiert dort mit elf Punkten auf Rang vier. Was ich sagen will: Ein schweres Spiel ist nicht nur möglich, sondern zu erwarten, vor allem, wenn Werder die Angst, ein viertes Mal hintereinander zu versagen, nicht gegen gesundes Selbstbewusstsein und spielerische Selbstverständlichkeit eintauschen kann.

Werders Testspiele geben Anlass zur Hoffnung, dass sich die Mannschaft weiterentwickelt. Das Chelsea-Spiel machte Spaß und man muss schon aus Stein sein, wenn man sich nicht darüber freuen konnte, wie Assani Lukimya der Reihe nach Fernando Torres, Diego Costa und Didier Drogba beherrschte. Hoffentlich gelingt ihm das genauso gut gegen Andreas Spann, Adrian Morina und Sezai Zehiroglu. An Motivation wird es den Spielern vom FV Illertissen mit Sicherheit nicht mangeln.

Werders Elf gegen Illertissen

Viele Positionen in Werders Formation mit Raute sind noch umkämpft. Gesetzt dürften Wolf im Tor, Caldirola als linker Innenverteidiger, Garcia und Fritz auf den Außenverteidigerpositionen, Elia als hängende Spitze und wohl auch Zlatko Junuzovic als 10er an der Spitze der Raute sein. Auch wenn viele, und dazu zähle ich mich bis auf weiteres auch, Junuzovics Stärken eher auf einer Halbposition im Mittelfeld sehen, wo er seine Laufstärke noch besser einbringen kann. Da Robin Dutt Junuzovic in allen ernstzunehmenden Tests auf der 10 eingesetzt hat, wird er dies so bald nicht ändern.

Verletzt fehlen wohl Sebastian Prödl, Ludovic Obraniak, Theo Gebre Selassie und aller Voraussicht nach auch Franco di Santo, den ich derzeit als den schmerzlichsten Verlust erachte. Ich denke, dass di Santo positionsgetreu von Nils Petersen ersetzt werden wird, der sehr schnell seine Torjägerqualitäten wiederentdecken sollte, wenn er in unserer Stürmerhierarchie nicht durchgereicht werden möchte.

Den Platz neben Luca Caldirola wird wohl Lukimya besetzten, vor allem weil er seinen Job gegen Chelsea wirklich top gemacht hat, während die Innenverteidigung Caldirola/Alex Galvez gegen Hannover alles andere als sattelfest wirkte. Galvez wäre dafür meine erste Wahl als Sechser im Mittelfeld, auch weil er eine größere Souveränität ausstrahlt als sein Konkurrent Felix Kroos. All die Stärken, die man sich im letzten Jahr von einem Julian Schuster, dessen Transfer vom SC Freiburg nicht zustande kam, erhoffte, verkörpert auch Alex Galvez. Bleibt nur die Frage, ob er diese auch unter Wettkampfbedingungen bei uns abrufen wird.

Auf den Halbpositionen im Mittelfeld herrschte gefühlt bisher ein Überangebot. Durch die Ausfälle von Gebre Selassie, Obraniak und Bargfrede sowie das Vorrücken von Junuzovic auf die 10 wird es hier aber schon wieder eng. Mit Fin Bartels hat es auf der rechten Halbposition gegen Chelsea gut geklappt und ich würde ihn dort gern wiedersehen. Auf links setzt Dutt wahrscheinlich auf Cedric Makiadi, um der Raute Balance zu verleihen. Für Neuzugang Izet Hajrovic bleibt vorerst die nicht zu unterschätzende Joker-Rolle. Wie wichtig Einwechslungen sein können, hat gerade auch wieder die letzte WM gezeigt.

Tipp

Uns fehlen also einige wichtige Spieler und wir treffen auf einen Gegner, der nichts zu verlieren hat. Da fällt ein Tipp gar nicht so leicht. Aber eigentlich ist es doch einfach: Wer vor einer Werder-Saison nicht optimistisch ist, muss schon arg viel Schlimmes mit seinem Verein erlebt haben. Solch ein gebranntes Kind bin ich noch längst nicht und darum gewinnt Werder mit 3-1. Ich freu mich, dass es endlich losgeht!